Der Eselstrapp

Auf der Höhe namens Acht zwischen Trittenheim und Klüsserath steht nur wenige Schritte vom Feldweg zur Mosel hin ein ein großer Wacken. Dieser weist eigentümliche Eindrücke auf. In der Bevölkerung heißt der Stein Eselstrapp. Der Distrikt selbst wird als Hinkelei bezeichnet.

Bevor uns der archäologischen Frage zuwenden, sei an den Anfang die erzählte Geschichte vorgestellt, mit der sich die Menschen den Wacken und seine Gestaltung zu erklären suchten:

Vor Zeiten, als das Christentum erst langsam Fuß fasste, floh eine Jungfrau vor einem heidnischen Ritter auf ihrem Esel. Ihr Fluchtweg führte sie auf die Höhe, die heute Acht heißt. Schon war der Ritter nur noch wenige Längen hinter ihr, da wusste sich die Jungfrau keinen anderen Ausweg, als mutig mit ihrem Esel in die Tiefe zu springen. Der Absprung war so heftig, dass in dem dort liegenden Stein ein Abdruck eines Hufes zurück blieb. Die Jungfrau kam unversehrt im Tal der Mosel an und war dem wilden Ritter entkommen. So blieb der Abdruck und der Name Eselstratt (oder Eselstrapp) erinnert an diese legendenhafte Zeit der Vergangenheit.Eine Variante sieht in der Jungfrau die Muttergottes mit dem Jesuskind, die von der Felsplatte herab ins Moseltal sprang.

Der Eselstrapp liegt auch heute noch an der Grenze der Gemarkungen Trittenheim und Klüsserath. Korrekt gesagt steht er ja heute. Bei der Flurbereinigung wurde der liegende Stein 1975 aufgerichtet.

Das Interesse an diesem merkwürdigen Stein bekundet schon Paul Steiner, der 1927 in der Trierer Zeitschrift schreibt:

"Der Stein liegt fast am Rande des Absturzes mindestens 150m über dem Moselbett. ... Wie ich persönlich gesehen habe, verlassen die Wallfahrer nach Klausen vorübergehend den Weg, um der Eselstrapp einen kurzen Besuch abzustatten. Gebetet wird nach meiner Beobachtung dann nicht".

In voller Höhe ist das aus verkieseltem Sandstein bestehende Objekt an der längsten Ausdehnung 295 cm lang und 225 cm breit. Auf seiner Rückseite weist der Stein zahlreiche unregelmäßige Vertiefungen auf und eine tiefe Spalte. Die grobe dreieckige Form erinnert tatsächlich an einen Menschen. Auf der Vorderseite finden sich wohl menschlich geschaffene Vertiefungen, zwei Rinnen und eine napfförmige Höhlung (ca 13 cm Durchmesser). Mit ein wenig Phantasie kann sich der Betrachter ein Wesen mit zwei Armen und einem Nabel vorstellen.

Die Archäologie sieht in diesem Menhir eine 3500 Jahre alte Ausformung einer Mutter-Gottheit (Göttin).

Der Stein wird im Schöffenweistum von 1547 als Orientierungspunkt genannt.

Ein ähnlicher Stein liegt am Moselufer gegenüber des Ortes Köwerich. Im Distrikt Galgenberg wurde ein ähnlicher Fund gemacht, allerdings dürfte dieser dort nicht seinen ursprünglichen Fundort haben. (vgl. den Beitrag "Hinkelsteinfund am Galigsberg").  

Aschenkrüge im Wald

"Trittenheim an der Mosel, 8. März [1851]. Vor etwa 10 Tagen fanden Arbeiter in dem hiesigen Gemeindewalde, auf dem rechten Moselufer, etwa eine Stunde von hier, bei Aufwerfung eines Waldgrabens ungefähr zwanzig, zum Theil noch gut erhaltene Aschenkrüge mit Knochenrechten, die sie aber aus Unkenntnis, weil sie kein Geld darin fanden, zerschlugen. Etwa 200 Schritte von dieser römischen Begräbnisstätte finden sich römische Gemäuer, zahlreiche Ziegel und Stücke von Estrich, so wie auch Spuren einer Wasserleitung. Wahrscheinlich hatten die Römer hier ein verschanztes Lager unter Constantin, welches mit dem Hauptlager in Neumagen, das nur eine Stunde davon entfernt ist, in Verbindung Stand."

Quelle: Fundbericht des Pfarrers Liehl von 1851 in den "Jahrbüchern des Vereins von Alterthumsfreunden im Rheinlande".

Zwei Sarkophage aus spätantiker Zeit

Am Freitag, den 3. April 1920 kamen bei Weinbergsarbeiten zwei schlichte Sarkophage aus hellem Sandstein an die Oberfläche. Sie wurden von Weinbergsarbeitern zufällig entdeckt, „prachtvoll über der Mosel liegend“ in den steilen Weinbergshängen der „Trittenheimer Apotheke“. Die Sarkophage bargen noch die darin Bestatteten mit den Grabbeigaben: eine eiserne Messerklinge, 3 Trichterhalsflaschen (eine der beliebtesten Glasformen des 4. Jh.) und ein reich bekleidetes Skelett. Die beiden erwähnten Goldkreuze sind bis heute nicht nachweisbar. Die geringe Beigabenmenge entsprach den romanisierten Grabsitten des 4. Jh. in den nördlichen Provinzen. 1920 wurden die Grabbeigabenfunde dem heutigen Rheinischen Landesmuseum Trier übergeben, während die Sarkophage nach ihrer Bergung an Ort und Stelle (in situ) verblieben und wurden wieder mit Erde bedeckt wurden. (Zum Grabungskurzbericht).

Die Grabstätte wurde vermutlich zur Zeit der Regierung der Kaiser Valentinian und Gratian (etwa um 375 n. Chr.) angelegt. Wie es für Regionen mit romanischer Bevölkerung in der Spätantike üblich war, sind beiden Sarkophagwannen rechteckig gearbeitet und die Deckel dachförmig behauen. Der Sandstein lässt besonders gut die halbkreisförmigen Bearbeitungsspuren erkennen, die das Spitzeisen der Steinmetze hinterlassen hat.

Das antike Zwölftafelgesetz ( um 450 v. Chr.) regelte im römischen Imperium streng, dass Bestattungen nur außerhalb besiedelten Gebietes (extra muros = außerhalb der Mauern) erlaubt waren: Hominem mortuum in urbe ne sepelito neve urito (einen Toten darf man innerhalb der Stadt weder begraben noch in ein Brandgrab bestatten).  Bis zum Ende des 4. Jh. galt dieser Grundsatz reichsweit, also auch in den gallischen und germanischen Provinzen.

Jenseits dieser Vorschrift war sowohl die Gestaltung des Grabmonuments als auch die Art und Form der Bestattung Privatsache, also frei wählbar. In der römischen Kaiserzeit wandelte sich die Art der Bestattung von der Feuerbestattung zur Körperbestattung. Bis in das späte 3. Jh. n. Chr. war die Brand- und Urnenbestattung noch üblich, bevor sie zugunsten der Körperbestattung zurücktrat. Der Übergang vollzog sich jedoch ganz allmählich.  Anfänglich waren es gehobene Kreise, die die Körperbestattung wählten und dabei in der Sarkophagbestattung eine Möglichkeit der privaten Selbstdarstellung sahen. Dabei konnte der Sarkophag in seiner äußeren Gestaltung reichhaltig ornamentiert sein - oder auch nur schlicht behauen. Die Bestattung in der Erde entsprach der christlichen Vorstellung, die ihr Vorbild in der Bestattung Jesu in einem Grab hatte. Das Zurücktreten der Brandbestattung während des 3. Jh. n. Chr. kam der Praxis der sich nun auch im römischen Reich ausbreitenden Religion entgegen. Die Bestattung in Sarkophagen ist - auch bei Christen - Ausdruck des Anspruchsdenkens wohlhabender Römer und damit der Ehre. Die Platzierung der Bestattung war in der Spätantike noch von einer kultischen Vorstellung geprägt. Nach dieser war in erster Linie der Raum der Lebenden (sacra civitatis), wie er sich in den politischen und religiösen Zentren der urbs (Stadt) manifestierte, vom Ort der Toten in den Nekropolen abzugrenzen. Oftmals zog sich entlang der Ausfallstraße die Nekropole mit ihren oft prächtigen Grabdenkmälern. Das förderte das Öffentlichmachen der Trauer und brachte die soziale Stellung der Auftraggeber zum Ausdruck. Beispiele aus der Region sind die römischen Gräberfelder entlang der Straße vor der Porta Nigra oder im Bereich Trier-Süd / St. Matthias. Mit der Etablierung des Christentums wandelte sich die Bestattungsverortung. Das Christentum strebte danach, Kirchen als Gedächtnisorte in der Nähe von Gräbern von Glaubenszeugen (Märtyrern – ad sanctos) zu begründen und so entstanden über den erst heidnischen, später frühchristlichen Bestattungsorten in Trier die Kirchen St. Maximin / St. Paulin und St. Eucharius / St. Matthias.

Wieder waren es Arbeiten zur Neuanlage eines Weinberges, nämlich die Flurbereinigung, die nach einem Dreiviertel Jahrhundert die Sarkophage wieder ans Tageslicht beförderten (Februar 2005). Nun sollten die wieder freigelegten und restaurierten Steinsärge einen Einblick in die römische Bestattungsform geben. Bemerkenswert bei diesem Einzelfund ist die für das Moselgebiet einzigartige Lokalisierung: die Bestattung erfolgte rund 50 Meter oberhalb der Mosel inmitten einer Steillage; sie liegt aber auch oberhalb der einstigen römischen Fernstraße, die Trier mit Bingen verband.

Wer wählte sich wohl an diesem, heute noch als „sonnenverwöhnt“ bekanntem Ort (dafür spricht der Flurname "in den Sonnteilen") den endgültigen Platz für die letzte Ruhe? In Gedanken wird man einen wohlhabenden Guts- und Weinbergsherrn im Blick haben, dem ein Vorüberziehender noch nach dem Tod Anerkennung und Beachtung zollen sollte.

Der helle Sandstein wurde offensichtlich nicht vor Ort gebrochen, doch er gehört  zu den regional vorkommenden Gesteinsarten. Der Transport dürfte mittels Schiff über die Mosel erfolgt sein und vielleicht wurde er in den Sandsteinbrüchen an der Kyll gebrochen. Den erheblichen Kraftaufwand für die fertigen Sarkophage kann man nicht gering schätzen, mussten sie doch, selbst mit Hilfe damals bekannter Seilwindensystem mit Körperkraft hinauf gehievt werden.

Neben den beiden spätantiken Sarkophagen finden sich noch Fragmente zweier spätantiker Keltersteine im Trittenheimer Dorf. Einer dient als Basis für das Friedhofskreuz (1643), der andere wurde zum Trägerstein des Bildstockes in der Laurentiusstraße 8 (1654). Weder im über Jahrhunderte überbauten Ortsbereich noch im Bereich der Trittenheimer Moselschleife lassen sich bislang römische Siedlungsstrukturen nachweisen. Flussaufwärts aber ist eine römische Villa für Leiwen nachzuweisen und flussabwärts lag das konstantinische Kastell Noviomagus Treverorum. Am Kelterstein des Trittenheimer Friedhofs ist noch das Relief eines Togatus, also eines mit einer Toga bekleideten Mannes, zu erkennen; dies kann auch ein Hinweis auf eine Zweitverwendung eines Grabdenkmalquaders zu verstehen sein.

2006 wurde der Aussichtspunkt „Sarkophage“ in den Themenwanderweg „Römersteig“ von Trittenheim nach Minheim mit eingebunden. Mit Hilfe einer Landesförderung und EU-Mitteln  - im Rahmen des Projektes „Straße der Römer“ - wurden die Steinsärge  restauriert und mit einem Schutzdach versehen. Ruhebänke und eine Schautafel mit Erklärungen zum Fund laden zur Rast ein.  Für Kulturinteressierte, Wanderer und Weinliebhaber ist ein herrlicher Aussichtspunkt am "Römersteig" entstanden. Am 24.07.2010 wurden mit einem Fest die „Spätrömischen Sarkophage“ als neue Sehenswürdigkeit wieder der Öffentlichkeit übergeben.

Marlene Bollig, Trittenheim; Christoph Schmitt, Calw

Im "Trierischen Volksfreund" berichtet G. W. Kluth von der Wiederfreilegung 2005 (Ausgabe vom 7. März 2005): "Manchmal ist es ein Glücksfall, wenn man Dinge, die man einmal gefunden hat, nach längerer Zeit wiederfindet. Diese Erfahrung machte jetzt auch die Gemeinde Trittenheim im Zuge der Flurbereinigungsarbeiten mit Steinsärgen im Gebiet der Weinlage "Trittenheimer Apotheke". Schon 1920 hatten Arbeiter dort im Weinberg des Matthias Josef Clüsserath, wie ein Protokoll meldet, zwei spätrömische Steinsärge gefunden.

Es wird berichtet, dass einer der beiden Särge bis auf eine eiserne Messerklinge leer war. Umso fündiger wurde man im zweiten Sarkophag, in dem sich ein reich bekleidetes Skelett und auch Grabbeigaben befanden – so auch drei Trichterhalsflaschen, von denen allerdings eine durch das Öffnen des Sargs zerstört wurde. Trotz gegenteiliger Anweisung aus Trier hatten die Arbeiter die Särge geöffnet. Sämtliche Funde aus den Ruhestätten wurden damals dem Museum geschenkt. Wohl aber äußerte der Archäologe Zweifel daran, ob die Arbeiter nicht, trotz gegenteiliger Beteuerung, einige Dinge entwendet hatten. So etwa zwei kleine Goldkreuze, die auf der Brust des Beigesetzten gelegen hatten, die aber nie aufgefunden wurden.

Im Rahmen der Flurbereinigung, die man derzeit in Trittenheim vornimmt, erinnerte man sich der Sarkophage, die damals wieder verschüttet worden waren. Mit Hilfe von Karl-Josef Gilles vom Trierer Landesmuseum machte man sich auf die Suche nach den römischen Zeugnissen. Gilles im Gespräch mit dem TV: "Wir wussten nur ungefähr, wo die Särge zu finden sind. Heute wird ein solcher Ort genau vermessen und kartographiert. Damals wurden nur ungenaue Angaben über die Parzelle gemacht." Ein bisschen Glück war wohl mit im Spiel, als man jetzt in Trittenheim fündig wurde. Bürgermeister Helmut Ludwig: "Hätten die Särge nur zwei Meter tiefer im Berg gestanden, wären sie nicht gefunden worden, weil sie sich dann unter dem Weg befunden hätten."

Ob sich die damals dem Museum übergebenen Inhalte der Särge noch in Trier befinden oder aber als Kriegsverluste angesehen werden müssen, konnte Gilles noch nicht sagen. Wohl aber lässt sich anhand der damals gemachten Fotos festlegen, dass die Grabstätte ungefähr aus dem Jahre 375 stammt.
Die Bekleidung des Skeletts und auch der Fundort lassen darauf schließen, dass hier nicht irgendjemand beigesetzt worden ist. Gilles: "Die Fotos weisen aus, dass es sich um kostbaren Brokatstoff gehandelt hat, mit dem die Leiche bekleidet war. Auch die Goldkreuze deuten einen gewissen Wohlstand an. Dazu kommt noch die Beisetzungsstelle gut 50 Meter über der Mosel. Für irgendeinen Römer hätte man die schweren Sandsteinsarkophage sicher nicht hier hinauf transportiert."

Sarkophage nach dem Auffinden, vor der Restaurierung

Sarkophage nach der Restaurierung

Ein Wasserrohrsystem

1926 heißt es knapp in einem Bericht der Provinzialmuseen: "Im Walde von Trittenheim bei Wasserleitungsarbeiten für die Gemeinde Heidenburg wurde an der Quelle des Liersbaches eine Wasserleitung in Steingutröhren festgestellt, die aber erst wenige Jahrhunderte alt sein wird."

Quelle: Bericht des Provinzialausschusses der Rheinprovinz über die Ergebnisse der Provinzialverwaltung : (1925): Bericht des Provinzialausschusses der Rheinprovinz über die Ergebnisse der Provinzialverwaltung für das Rechnungsjahr vom 1. April 1925 bis 31. März 1926. Düsseldorf

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