Leergut gegen Wein - anno 1837
Wie dramatisch die Situation sich teilweise in der Weinbaukrise der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zuspitzt läßt sich aus einem Text entnehmen, der abgedruckt ist in den "Gemeinnützige[n] und unterhaltende[n] rheinische[n] Provinzial-Blätter[n]" (Neue Folge, 3. Jahrgang 1837, Erster Band, S. 308): "Im Handel stockt es noch immer, und besonders trifft dies den für Moselgegenden so wichtigen Weinhandel. Nach 1834ger ist, seiner vorzüglichen Güte ungeachtet noch immer wenig Nachfrage, und der Preis für Mittelsorten ubersteigt selten 100 Thlr. pro Fuder. Der 1835ger ist gänzlich im Unwerthe. Zu Trittenheim tauschte unlängst ein Winzer zwei leere Fuderfässer um ein Fuder 1835ger Wein ein und ließ dabei noch die Wahl in seinem Weinvorrathe offen. In Mehring wurde kürzlich 1835ger Wein versteigert und zu einem Preise zugeschlagen, nach welchem sich die Ohm ohne Gebinde nicht höher, als 20 Sgr. anschlagen ließ."
09.06.2014
Weinernten, die sich kaum verkaufen lassen
In der Kölner Zeitschrift "Allgemeines Organ für Handel und Gewerbe" (14. Jahrgang vom 22. Juli 1848, No. 90, S. 401-402) findet sich ein eindrücklicher Zeitungsausschnitt, der die Nöte der Winzer in den 1840er Jahren erkennbar werden läßt:
"Weinhandel
Trier 19. Juli. Es ist nach den Begriffen der Weinproducenten und Weinkenner der 1846r Wein die beste Crescenz nach dem Jahre 1811 geworden und wurden die 46r Weine gleich nach dem Herbste auf der Saar (in Wildingen, Ockfen, Canzem und Oberemmel) mit 100 bis 180 Thlr bei den Weinbauern, dagegen bei reichen Gutsbesitzern, die mehr Mittel auf den Bau ihrer Weinpflanzungen verwenden und dadurch eine größere Güte und Veredelung der Weine selbst bewirken mit 150 bis 260 für Schazhofberger aber sogar 550 bis 100 Thlr. per Fuder von 61/2 Ohm mit Faß bezahlt. Herr Geheimrath v Handl, ein bedeutender Weinproducent und Besitzer des rühmlich bekannten Rebensaftes: Grünhäuser machte in Jahre 1846 circa 55 Fuder, wofür er gleich 400 Thaler per Fuder forderte, die aber auch heute noch alle zu demselben Preise zu haben sind. Sämmtliche Bauern-Weine sind an der Saar, so wie auch in Waldrach und Casel vom Monat October 1846 bis zum März 1847 mit der Trube zu erstgenannten Preisen wie Eingangs erwähnt, ergriffen worden, während die herrschaftlichen Weinproductionen noch fast alle bei denselben liegen und heute noch zu letzteren Preisen zu haben sind .
Dasselbe Schicksal haben auch die Moselweine erlitten, indem von Trier ab in Clüsserath, Trittenheim, Neumagen, Dhron, Pisport, Lieser, Cues, Brauneberg, Zeltingen, Graach, Erden Lösenich, Wehlen, Cröf usw. bei den Bauern anfänglich auch ziemlich viel zu 90 bis 250 Thlr angekauft worden ist, während die herrschaftlichen Weine ebenfalls in demselben Verhältnisse höher gehalten worden sind, wozu diese dann aber auch bis heute noch fast alle zu haben sind.
Die Moselgegend hat nun aber in den benannten Jahren ein ungewöhnlich großes Quantum Wein producirt und da wohl mit Bestimmtheit anzunehmen ist, daß selbst bei den bedürftigen Bauern noch über die Hälfte ihrer Wein Erndte lagert, so würde man, durch die mißlichen Zeitverhältnisse begünstigt, diese Weine jetzt nach dem dritten Abstiche, wo nicht noch billiger doch jedenfalls noch zu denselben Preisen wie anfänglich kaufen können. ... Seit dem Beginn der Unruhen bis zur Stunde wird so zu sagen an der Mosel gar nichts gekauft, welches die Weine überhaupt auf einem unverhältnißmäßig niedrigen Standpunkte hält."
Vereint für den Qualitätsanbau
Die Erfahrungen in der ersten Hälfte des Jahrhunderts machten deutlich, dass nicht die Quantität zur Lösung der prekären Lage der Moselwinzer führen werde. Nur der An- und Ausbau qualitätsvoller Weine sollte wirklich helfen. Seinen Beitrag dazu sollte der "Local-Weinbau-Verein" leisten. Ein solcher bestand in Dusemond (Brauneberg) und hatte, wie ein Bericht aus der Deutschen Wein-Zeitung aus dem Jahr 1877 zeigt, auch Mitglieder aus anderen Orten, so auch aus Trittenheim.
... bessere Zeiten in Aussicht
Dass nach den schlimmen Jahren im Weinbau auch bessere Zeiten kamen, zeigt folgender Zeitungsbericht aus "Bonplandia. Zeitschrift für die gesammte Botanik. Organ für Botaniker, Pharmaceuten, Gärtner, Forst- u. Landwirthe" (10. Jahrgang 1862, S. 354):
Von der obern Mosel, 31. Oct. Die eigentliche Obermosel, wie man in Köln und Koblenz sagt, fliesst dort, wo die besten Moselweine wachsen - zwischen Trarbach und Trittenheim; und hier ist der diesjährige Herbstsegen fast überall eingethan und schon kocht der Most gewaltig in den Fässern. An einigen Orten wie Lieser-Dusemond, wo der Braunenberger und Wintrich, wo der Ohligsberger wächst, ist die Lese zu Ende und liefert mit wenigen Ausnahmen ein alle Erwartungen übertreffendes Resultat, sowohl an Quantität wie auch an Qualität, zuweilen über 100 Grad auf der Mostwaage. Zeltingen und Pisport, Drohn, Neumagen, Trittenheim und das weniger gekannte Thörnich liefern einen Wein wie man ihn kaum erwartet hätte, ja man behauptet, derselbe werde besser als der Siebenundfünfziger.
Neben der Qualität brauchte es natürlich auch die Käufer, die diese Qualität bezahlten.