Spätrömische Sandsteinsarkophage in der Weinlage "Trittenheimer Apotheke"

Bestattungen in der Antike

Das antike Zwölftafelgesetz (um 450 v. Chr.) regelte im römischen Imperium streng, dass Bestattungen nur außerhalb von besiedeltem Gebiet (extra muros = außerhalb der Mauern) erlaubt waren: Hominem mortuum in urbe ne sepelito neve urito (einen Toten darf man innerhalb der Stadt weder begraben noch in ein Brandgrab bestatten). Bis Ende des 4. Jh. galt dieser Grundsatz reichsweit, also auch in den gallischen und germanischen Provinzen.

 

Außer dieser Vorschrift war sowohl die Gestaltung des Grabmonuments als auch die Art und Form der Bestattung Privatsache, also frei wählbar. In der römischen Kaiserzeit wandelte sich die Art der Bestattung von der Feuerbestattung zur Körperbestattung. Bis in das späte 3. Jh. n. Chr. war die Brand- und Urnenbestattung noch üblich, bevor die Kremation (Verbrennung) zugunsten der Körperbestattung zurücktrat. Der Übergang vollzog sich jedoch ganz allmählich. Anfangs waren es gehobene Kreise, die die Körperbestattung wählten und dabei in der Sarkophagbestattung eine Möglichkeit der privaten Selbstdarstellung sahen. Dabei konnte der Sarkophag in seiner äußeren Gestaltung reichhaltig ornamentiert sein – oder auch nur schlicht behauen.

Die Bestattung in der Erde entsprach der christlichen Vorstellung, die ihr Vorbild in der Bestattung Jesu in einem Grab hatte. Das Zurücktreten der Brandbestattung während des 3. Jh. n. Chr. kam der Praxis der sich nun auch im römischen Reich ausbreitenden Religion entgegen. Die Bestattung in Sarkophagen ist – auch bei Christen – Ausdruck des Anspruchsdenkens wohlhabender Römer und damit der Ehre. Die Platzierung der Bestattung war in der Spätantike noch von einer kultischen Vorstellung geprägt. Nach dieser war in erster Linie der Raum der Lebenden (sacra civitatis), wie er sich in den politischen und religiösen Zentren der urbs (Stadt) manifestierte, vom Ort der Toten in den Nekropolen abzugrenzen. Oftmals zog sich entlang der Ausfallstraße die Nekropole mit ihren oft prächtigen Grabdenkmälern. Das förderte das Öffentlichmachen der Trauer und brachte die soziale Stellung der Auftraggeber zum Ausdruck. Beispiele aus der Region sind die römischen Gräberfelder entlang der Straße vor der Porta Nigra oder im Bereich Trier-Süd / St. Matthias. Mit der Etablierung des Christentums wandelte sich die Bestattungsverortung. Das Christentum strebte danach, Kirchen als Gedächtnisorte in der Nähe von Gräbern der ersten Glaubenszeugen (Märtyrern – ad sanctos) zu begründen und so entstanden über den erst heidnischen, später frühchristlichen Bestattungsorten in Trier die Kirchen St. Maximin / St. Paulin und St. Eucharius / St. Matthias.

Zufallsfund 1920

Bereits am 3. April 1920 wurden die beiden schlichten Sarkophage aus hellem Sandstein von Weinbergsarbeitern zufällig „prachtvoll über der Mosel liegend“ in den steilen Weinbergshängen der „Trittenheimer Apotheke“ entdeckt. Die Grabstätte wurde vermutlich zur Zeit der Regierung der Kaiser Valentinian und Gratian (etwa um 375 n. Chr.) angelegt. Wie es für Regionen mit romanischer Bevölkerung in der Spätantike üblich war, sind beide Sarkophagwannen rechteckig gearbeitet und die Deckel dachförmig behauen. Der Sandstein lässt besonders gut die halbkreisförmigen Bearbeitungsspuren erkennen, die das Spitzeisen der Steinmetze hinterlassen hat. Diese Technik des Punkt- und Bahnspitzens wurde nach der Römerzeit noch bis ins 11. Jh. benutzt.

Als Grabbeigaben wurden gefunden: eine eiserne Messerklinge, 3 Trichterhalsflaschen, eine der beliebtesten Glasformen des 4. Jh., und ein reich bekleidetes Skelett. Zwei erwähnte Goldkreuze sind bis heute nicht nachweisbar. Die geringe Beigabenmenge entsprach den romanisierten Grabsitten des 4. Jh. in den nördlichen Provinzen. Während 1920 die Grabbeigabenfunde dem heutigen Rheinischen Landesmuseum Trier übergeben wurden, blieben die Sarkophage nach ihrer Bergung an Ort und Stelle (in situ) und wurden wieder mit Erde bedeckt.

Freilegung 2005

Die Flurbereinigung brachte sie nach einem dreiviertel Jahrhundert wieder ans Tageslicht (Februar 2005). Freigelegt und restauriert, lassen die Steinsärge uns einen Einblick in diese römische Bestattungsform gewinnen. Bemerkenswert an diesem Einzelfund ist seine für das Moselgebiet einzigartige Lokalisierung 50 Meter oberhalb der Mosel inmitten einer Steillage. Zugleich liegt die Fundstelle oberhalb der römischen Fernstraße zwischen Trier und Bingen. Wer hat sich wohl an diesem, heute noch als „sonnenverwöhnt“ bekanntem Ort (dafür spricht der Flurname "in den Sonnteilen") seinen endgültigen Platz als letzte Ruhestätte gewählt? Die Gedanken dürfen sicher einen wohlhabenden Guts- und Weinbergsherrn im Blick haben, dem ein Vorüberziehender noch nach dem Tod Anerkennung und Beachtung entgegen bringen sollte. Der helle Sandstein wurde nicht vor Ort gebrochen, gehört aber zu den regional vorkommenden Gesteinsarten. Er wurde sicherlich mittels Schiff über die Mosel antransportiert, vielleicht von den Sandsteinbrüchen an der Kyll. Ohne erheblichen Kraftaufwand dürften die fertigen Sarkophage nicht an ihre heutige Position gekommen sein, vielleicht mit einer damals schon bekannten Seilwinde als technisches Hilfsmittel.

Weitere römische Relikte – Keltersteine als Spolien

Neben den beiden spätantiken Sarkophagen finden sich noch Fragmente zweier Keltersteine in der Trittenheimer Dorflage, der eine als Basis für das Friedhofskreuz (1643), der andere als Träger des Bildstockes in der Laurentiusstraße 8 (1654). Weder im über Jahrhunderte überbauten Ortsbereich noch im Bereich der Trittenheimer Moselschleife lassen sich bislang römische Siedlungsstrukturen nachweisen, während flussaufwärts eine römische Villa für Leiwen und flussabwärts das konstantinische Kastell Noviomagus Treverorum zu finden sind. Dabei lässt sich am Kelterstein auf dem Trittenheimer Friedhof noch das Relief eines Togatus, also eines mit einer Toga bekleideten Mannes erkennen, ein Hinweis auf die Zweitverwendung eines Grabdenkmalquaders.

Aussichtspunkt Sarkophage

2006 wurde der Aussichtspunkt „Sarkophage“ in den Themenwanderweg „Römersteig“ von Trittenheim nach Minheim mit eingebunden. Mit Hilfe einer Landesförderung und EU-Mitteln – im Rahmen des Projektes „Straße der Römer“ – wurden die Steinsärge restauriert und mit einem schiefergedeckten Schutzdach versehen. Ruhebänke und eine Schautafel mit Erklärungen zum Fund laden zur Rast ein. Für Kulturinteressierte, Wanderer und Weinliebhaber ist ein herrlicher Aussichtspunkt am "Römersteig" entstanden.

Marlene Bollig, Trittenheim Christoph Schmitt, Calw, Trittenheim, im Juli 2010